nest 

(2025 – ongoing)


Irgendwann müssen wir uns um diese Bäume kümmern, sie beschneiden und vor Fäulnis bewahren. 
Ab und an müssen wir die Vogelhäuser reparieren und wir dürfen uns daran erfreuen, wenn sie bewohnt werden. 
Wir müssen aufpassen, dass sich der Schimmel im Haus nicht breit macht, das Gras grün bleibt und die Wege nicht zuwuchern. 

Trampelpfade 
Sackgassen 
Labyrinthe 
Steinplattenwege 

Wir stehen hier und sind noch wie Kinder und so schneiden wir uns unsere Haare gegenseitig auf dem schwarzen Plastikstuhl im Garten, damit wir später dann in den leeren Nestern unsere alten Frisuren wiederfinden können.


Als ich vier Jahre alt war, kauften meine Eltern ein Grundstück in einem kleinen Dorf, wo wir von da an lebten. Das Grundstück war sehr groß, aber es gab kaum Bäume oder andere Pflanzen. Nur drei cm Stoppelrasen. Noch im selben Jahr begann mein Vater den Ort eifrig mit Allerlei zu bepflanzen. So ist in diesen letzten 25 Jahren ein wilder Garten mit sehr vielen Bäumen enstanden. Manche Bäume sind mittlerweile so hoch, dass man den Kopf tief in den Nacken legen muss, um die oberen Äste zu sehen. Mit den vielen verschiedenen Bäumen, Sträuchern, Gräsern und Blumen, folgten auch die Insekten und Vögel. Neben dem Imkern wurde es zum Hobby meines Vaters, den Vögeln ein gutes Zuhause zu bieten, sie zu beobachten und ihre Stimmen zu lernen. So installierte er stetig neue Vogelhäuser in den verschiedensten Ausführungen. Immer wieder entdeckt man ein verstecktes Häuschen, was man vorher noch nicht gesehen hat, läuft man durch den Garten. 

Ich habe meinen Vater mit der Kamera dabei begleitet, wie er sich um die Vogelhäuser kümmert. Im frühen Frühling beispielsweise werden sie geöffnet und gesäubert. Immer wieder sind dabei auch tote Vögel zu finden. Auf einer Postkarte, die mir mein Vater geschickt hat, hat er alle Vogelarten aufgelistet, die auf unserem Grundstück oder in der Nähe leben. 

Die Arbeit steht auch für meine Auseinandersetzung mit dem Thema "Erbe" und meine Zugehörigkeit zu diesem Ort. Irgendwann werden ich und meine Geschwister das Grundstück übernehmen. Mein Vater hat dort ein kleines Biotop geschaffen und allein aus diesem Grund könnte ich es nicht verkaufen, sondern spüre eine Verantwortung, diesen Ort zu bewahren und weiter wachsen zu lassen – auch wenn wir uns bisher alle noch nicht wirklich vorstellen können, dort hin zurück zukehren.
© Anna Perepechai

Ausstellungsansicht, Rundgang 2025, Klassenausstellung der Klasse Bara "and it goes back and forth", Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
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